Gleich mehrfach lagen sie in einem mitreißenden Gefecht am Boden – am Ende aber stand Tyson Fury aufrecht und ist damit das Maß aller Dinge im internationalen Schwergewichtsboxen.
«Ich bin der Beste der Welt. Ich bin der größte Schwergewichtschampion meiner Ära – kein Zweifel!», rief der 2,06-Meter-Riese in Las Vegas, nachdem er den Amerikaner Deontay Wilder durch K.o. in der elften Runde eines bemerkenswerten Kampfes bezwungen hatte. Die Kraftreserven nach dem intensiven Duell reichten ihm, um lauthals «We are the champions» zu singen.
«Ein modernes Gladiatoren-Spektakel»
Dreimal hatte Fury seinen Rivalen auf die Bretter befördert, und zwar in Runde drei, zehn und schließlich in der elften. Zweimal gelang Wilder selbiges Kunststück in Runde vier. Die 20.000 Zuschauer in der T-Mobile-Arena tobten. Es war ein modernes Gladiatoren-Spektakel mit allen Zutaten. «Leider habe ich es nur am Fernsehschirm gesehen. Das war ein gigantischer Kampf, einer der denkwürdigsten Kämpfe überhaupt», schwärmte der einstige deutsche Schwergewichtsboxer und Publikumsliebling Axel Schulz.
Mit der Meinung steht Schulz nicht allein. Furys Promoter Bob Arum, ein Urgestein im Geschäft mit den fliegenden Fäusten, verriet: «Ich bin seit 57 Jahren dabei, und ich muss wirklich sagen, dass ich noch nie einen so großartigen Schwergewichtskampf gesehen habe.»
Nach zwei Siegen und einem Unentschieden in drei Duellen hat Fury das Kapitel Wilder endgültig ad acta gelegt. «Wilder ist erledigt. Es gibt keinen Deontay Wilder mehr», tönte der Brite. Bescheiden will er sich mit seinem Weltmeistertitel nach WBC-Version aber nicht. Jetzt fordert der 33-Jährige alle Gürtel. Dazu muss er den Ukrainer Aleksander Usyk bezwingen, der seit gut zwei Wochen die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA hält.
Axel Schulz: «Fury ist schwer zu greifen»
«Ich war nicht gut genug», gestand Verlierer Wilder enttäuscht und wurde vorsorglich zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht. «Ich weiß, dass Fury mit seinen 277 Pfund nicht gekommen ist, um ein Balletttänzer zu sein.» Knapp 126 Kilo brachte Fury auf die Waage, so viel wie noch nie. Wilder wog fast 18 Kilo weniger. «Zweifeln Sie nie an mir. Wenn es darauf ankommt, kann ich immer liefern», sagte Fury.
Da hat er wohl recht. Der Mann mit dem Schandmaul, der sich auch von psychischen Problemen und einer Dopingsperre nicht aus der Bahn werfen ließ, hat von den gestandenen Schwergewichtlern der jüngeren Vergangenheit immer geliefert und ist in 32 Kämpfen unbesiegt. «Er ist unberechenbar, schlägt aus unmöglichen Positionen. Er ist schwer zu greifen», beschreibt Schulz Furys Boxstil.
Jetzt will Tyson alle Gürtel
Vermutlich wird es noch einige Zeit dauern, bis Fury Anlauf auf den Olymp des Profiboxens nehmen kann. Der Titel unumstrittener Weltmeister, den einst Muhammad Ali, George Foreman, Joe Frazier, Evander Holyfield oder Mike Tyson und Lennox Lewis trugen, lockt ihn sehr. Doch zunächst muss Dreifach-Champion Usyk zum Rückkampf gegen Furys Landsmann Anthony Joshua antreten. Erst danach kann der Kassenschlager Realität werden.
Appetit macht die deutsche Trainerlegende Ulli Wegner: «Usyk ist so ein Klassemann. So einen gab es seit Jahren nicht. Überragende Technik, unglaubliche Taktik. Seine Boxkunst ist eine Augenweide. Das ist die Vollendung taktischer Trainerarbeit.» Allerdings ist der 34-jährige Usyk als einstiger Cruisergewichtler 26 Kilo leichter und 15 Zentimeter kleiner als Fury. Wegner meint: «Das macht nichts. Usyk schafft das.»
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